ROCKET X
Das Reisemobil der Zukunft
In den letzten Jahren geht der Trend bei den Reisemobilen zunehmend Richtung kompaktere Fahrzeuge. Dies ist nicht verwunderlich, da die Menschen vermehrt in urbanen Ballungsräumen Leben und das Thema Parkraum einen entscheidenden Einfluss auf die Wahl des Fahrzeugs hat. Gleichzeitig werden Reisemobile immer mehr zu Freizeitmobilen. Der Kurztrip am Wochenende, der Aufbruch zu Micro-Abenteuern, eine aktive sportliche Freizeitgestaltung und das Bedürfnis zur Bewegung in der Natur, werden immer mehr zum Sehnsuchtsthema für von der Großstadt-gestresste, digitalisierte Menschen. Dabei erleben wir gleichzeitig einen Trend zum Downsizing. Der Trend geht weg vom rollenden Wohnzimmer hin zur flexiblen, möglichst autarken Basisstation für das nächste Abenteuer. Dabei ist auch eine gewisse Technikverliebtheit zu beobachten. Viele Menschen wollen ein „Schweizer Taschenmesser“, obwohl es nur wenige Menschen wirklich jemals benutzen. Das Thema „Off-Grid-Living“ entwickelt seine Faszination für immer mehr Menschen. Der Wunsch nach Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit sind hier die Triebfeder.
Diese Trends werden sich in der Zukunft weiter verstärken. Darüber hinaus werden Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung an Bedeutung gewinnen. Ich sehe die Zukunft der Reisemobile deshalb in ultrakompakten, expandierbaren High-Tech Vehikeln. Bereits vor tausenden Jahren wussten unsere Vorfahren, die Nomaden, dass es sich mit leichten Gepäck am besten reist. Insofern geht es beim Reisemobil der Zukunft auch um eine Zurück in die Zukunft.
Daraus lassen sich folgende Entwicklungsschwerpunkte ableiten:
– Alternative Antriebe
Der Antrieb der Zukunft ist für mich ein wasserstoffbasierter Antrieb. In Verbindung mit Elektromotoren wird diese Antriebsart in Form von sogenannten „Rolling-Chassis“ von spezialisierten Antriebsherstellern angeboten werden können. Der gesamte Antriebsstrang ist dabei in einem hochfesten Grundrahmen untergebracht und zusammen mit Steuerung, Wasserstofftanks, Elektrobatterien und Achsen voll funktionsfähig.
– Hochwertige Materialien
In der Materialforschung geht der Trend zu Faserverbundwerkstoffen. Gewebte, gestrickte und gelegte Faserstrukturen können umhüllt von unterschiedlichen Matrix-Werkstoffen zu hochfesten Strukturen verbunden werden. Auch die Weiterentwicklung von 3D Druck-Verfahren eröffnet hier neue Möglichkeiten.
– Alternative Aufbaukonzepte
Durch die Fortschritte bei der Material- und Fertigungsforschung können hochfeste, leichte 3D Strukturen für den Aufbau entwickelt werden. Diese Struktur kann an den jeweiligen Nutzungszweck angepasst werden. Spezialisierte Aufbauhersteller entwickeln die passende Struktur, die dann auf das „Rolling Chassis“ aufgesetzt werden kann.
– Multifunktionalität, Erweiterbarkeit von Fahrzeuginnenräumen
Durch Ausklappen, Hochfahren, Herausdrehen oder Ausziehen können diese Aufbaustrukturen erweitert werden. Hochfeste Multifunktionstextilen ermöglichen eine wetterfeste, flexible und erweiterbare Außenhaut des Fahrzeugs, der auch Messerstiche nichts anhaben können.
– Intelligenter Energiehaushalt
Der Energiehaushalt eines Reisemobiles ist ein wichtiges und komplexes Thema. Heizen, Kühlen, Lüften, Verfügbarkeit von elektrischem Strom ohne Netzanschluss sind divergente Anforderungen. Auch hier kann man von unseren Vorfahren lernen. Jurten oder auch Häuser in den sehr heißen Gegenden der Erde haben ausgeklügelte Lüftungs- und Klimatisierungskonzepte.
Heutige Aufbauten von Reisemobilen sind häufig gut isoliert. Dies führt aber auch dazu, dass sich die Fahrzeuginnenräume sehr stark aufheizen. Blech ist naturgemäß nicht atmungsaktiv. Eine atmungsaktive textile Außenhaut und ein intelligentes Lüftungskonzept können hier Abhilfe schaffen. Frischluftöffnungen im Boden und großflächige Abluftöffnungen im Dachbereich können, unterstützt von Solarlüftern, für eine gute Durchlüftung des Reisemobiles sorgen. Wie bei moderner Outdoorbekleidung auch, können moderne Textilien Wärme und Feuchtigkeit nach außen abführen und gelichzeitig gegen Kälte- oder Wärmestrahlung von außen schützen. Dachfenster und Tageslichtkuppeln bringen Licht in den Innenraum und helfen Strom zu sparen. Solarzellen auf dem Dach und auf ausklappbare Markisen zur Raumerweiterung wandeln ständig Sonnenenergie in elektrische Energie.
Die Trends beim Reisemobil der Zukunft bedeuten für mich bewusst ein „Zurück in die Zukunft“, ein „Zurück“ zu dem einfachen, ursprünglichen Leben in der Natur, zur Reduzierung, zum „weniger ist mehr“. Moderne Technologien können dabei helfen, dies zu realisieren, sie sind aber nicht zwangsläufig der dringend benötigte Fortschritt. Autonomes Fahren und Abenteurer passen nicht zusammen. Ganz abgesehen davon, dass diese Technologien nur in Ballungsräumen funktionieren werden.
Im Innenraum werden neue Materialien neue Funktionsintegrationen ermöglichen. Verkleidungen, die aktiv heizen, leuchten oder kühlen sind hier ein Beispiel. Eine Zukunftsvision im Fahrerhaus wäre es, wenn man das Lenkrad von links auf die rechte Seite schieben könnte, wenn man in Ländern mit Linksverkehr unterwegs ist. Dies könnte durch Drive-by-wire Konzepte möglich werden. Das sich die Freizeitaktivisten das Lenkrad ganz aus der Hand nehmen lassen, kann ich mir hingegen nicht vorstellen.